Ein Autokonzern lässt durch eine Markenrechtskanzlei eine Bildagentur wegen Verletzung der Markenrechte des Autokonzerns abmahnen. Die Berechnungsbasis für Anwaltskosten ist der Streitwert. Bei Markenrechtsangelegenheiten wird oft ein Streitwert von mehreren hunderttausend Euro angenommen. Die Agentur soll auf dieser Basis eine mittlere vierstellige Summe Abmahnkosten auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes bezahlen. Ausgangspunkt des Falles war eine Lizenz, die die Bildagentur einem Kunden für ein Foto mit einem Auto erteilt hatte, dessen Umrisse durch eine 3D-Marke europaweit geschützt war. Der Kunde nutzte das Bild für ein Merchandise-Produkt und wurde daraufhin ebenfalls durch den Autokonzern als Markeninhaber abgemahnt. Zur Verteidigung verwies der Kunde auf die ihm durch die Agentur erteilte Lizenz. In der Tat warb die Agentur mit weitreichenden Lizenzen, unter anderem für Werbeartikel.
Das Markenrecht
Sehen wir uns die Sache markenrechtlich an, so gibt es neben nationalen deutschen Marken, die im Markengesetz geregelt sind, auch EU-weit geltende Marken, die in der EU-Markenverordnung geregelt sind, UMV – Unionsmarkenverordnung. Als Verordnung gilt diese Regelung auch unmittelbar in Deutschland. Durch Eintragung einer EU-Marke beim EU-Markenamt erwirbt der Antragsteller das ausschließliche Recht an der Marke, Art. 9 I UMV. Der Inhaber einer Marke hat das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr eine Marke für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, z.B. die Marke auf Waren oder Verpackungen anzubrigen, Art. 9 Abs. 2 u. Abs. 3a) UMV. Das Markenrecht kann genau wie die urheberrechtlichen Nutzungsrechte ganz oder teilweise für einzelne Waren oder Dienstleistungen lizenziert werden, Art. 29 UMV.
Selbstverständlich kann nur jemand, der Inhaber von Markenrechten ist, markenrechtliche Lizenzen einräumen. Eine Bildagentur, die nicht über das Markenrecht verfügt, kann folglich keine markenrechtlichen Lizenzen einräumen.
Lizenz ist nicht gleich Lizenz – Verwechslungsgefahr und Irreführung
Die Tatsache, dass sich für die Rechteeinräumung in beiden Rechtsgebieten, also sowohl im Markenrecht als auch im Urheberrecht der Begriff „Lizenz“ eingebürgert hat, führt dazu, dass der Begriff zu dem Missverständnis führen kann, mit der urheberrechtlichen Lizenz von der Bildagentur habe der Kunde auch die markenrechtliche Lizenz erworben.
Stellt die Agentur also nicht eindeutig klar, dass sie nur die urheberrechtliche Lizenz an der Fotografie, nicht aber die – ja nach Einsatzzweck des Fotos zusätzlich benötigte – markenrechtliche Lizenz erteilen kann, besteht die Gefahr, dass Kunden sich über den Umfang der von der Bildagentur erworbenen Lizenz irren. Der Kunde nutzt dann fälschlicherweise das Bild in einer markenrechtlich relevanten Weise und erhält eine teure Abmahnung. Für die Agentur besteht dann die doppelte Gefahr nicht nur vom Kunden in Regress genommen zu werden, sondern auch selbst vom Markeninhaber abgemahnt zu werden.
Selbst wenn die Agentur den Umfang und die Einschränkungen ihrer Lizenzierungsmöglichkeiten in den AGB deutlich gemacht haben sollte, kann die Irreführungsgefahr dennoch bestehen, wenn in der Werbung undifferenziert von „Lizenz“ gesprochen wird.
Neben der markenrechtlichen Abmahnung besteht dann noch zusätzlich die Gefahr, wegen irreführender geschäftlicher Handlungen nach § 5 UWG wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden.
Fazit
Nach meiner Auffassung kann eine Bildagentur auch Fotografien von markenrechtlich geschützten Dingen zur urheberrechtlichen Lizenzierung der Fotografien anbieten, wenn sie dabei klarmacht, dass diese Lizenz sich nur auf das Urheberrecht am Foto bezieht und nicht irgendwelche Marken- oder sonstigen Rechte am Motiv umfasst sind. Es ist dann Sache des Kunden selbst zu klären, ob er z.B. im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung über das Auto (VW) das Bild nicht markenmäßig verwendet, also keine Lizenz benötigt oder ob er das Bild auf ein T-Shirt drucken will und dafür eine markenrechtliche Lizenz benötigt, die er beim Markenrechtsinhaber anfragen muss.
Der Markeninhaber, der von einer Bildagentur also undifferenziert die Einstellung des Vertriebs von allen Fotos zu allen Zwecken fordert, verkennt ebenfalls die Unterschiede zwischen den beiden Lizenzarten und schadet sich letztlich selbst, wenn über seine Marke nicht mehr redaktionell mit Bildern berichtet wird.
Siehe hierzu auch unseren BVPAflash vom 6. September 2017 zur Apotheken-Marke.
Über den Autor
David Seiler (DS law) ist seit über 24 Jahren als Rechtsanwalt tätig und berät insbesondere Unternehmen aus dem dem Finanz- und Gesundheitssektor und der Content-Branche sowie Verbände und Datenschutzbeauftragte. Er berät schwerpunktmäßig zu Fragen des Fotorechts, Datenschutzrechts, IT- und Internetrecht sowie Zahlungsverkehrsrecht. Er ist als Autor und Lehrbeauftragter tätig, hält Vorträge und unterstützt den BVPA in rechtspolitischen Fragen in seinen Schwerpunktthemen.