Mit 85 übertragenen Stimmen im Gepäck nahm BVPA-Stimmvertreter Mathias Jahn am 11. April 2024 an der Berufsgruppenversammlung der VG Bild-Kunst im Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe teil. Interessant für den BVPA waren die Agendapunkte zur Social-Media-Bildlizenz (SMBL), zu der mittlerweile 36 Bildagenturen den Wahrnehmungsvertrag unterzeichnet haben, als auch zum Umgang mit KI-Erzeugnissen.
SMBL - Stand der Verhandlungen
Die VG Bild-Kunst hat bislang 61 Diensteanbieter kontaktiert und befindet sich in einem Schiedsstellenverfahren beim DPMA gegen den Konzern Meta. Sechs Dienste haben eine Lizenzierung abgelehnt, weil sie die Rechtsauffassung vertreten, nicht unter den Anwendungsbereich des UrhDaG zu fallen. Eine Reihe von Diensten reagieren nicht auf die Kontaktbemühungen der VG. Weitere Dienste zögern substantielle Gespräche hinaus. In diesen Fällen muss eine Abwägung erfolgen, ob gerichtliche Schritte eingeleitet werden.
Die Verhandlungen mit anderen Diensten befinden sich in unterschiedlichen Stadien, wobei noch kein Abschluss erzielt werden konnte.
Vorbereitung verjährungshemmender Maßnahmen
Das UrhDaG ist mit Wirkung zum 01.08.2021 in Kraft getreten. Daher gilt für Ansprüche des Rumpfjahres die gesetzliche Regelverjährungsfrist von drei Jahren. Die Geschäftsstelle wird daher bereits im ersten Quartal 2024 die notwendigen Schritte planen, um rechtzeitig zum Jahresende bei denjenigen Diensten, mit denen kein Ergebnis erzielt weden konnte, die Verjährung durch Eröffnung des Schiedsstellenverfahrens zu hemmen. Im Zuge dessen werden entsprechenden Dienste eingehend nach Erfolgsaussichten priorisiert.
Verteilungsschlüssel für Urheber
Anders als bei den Bildagenturen, für die die Verteilung der künftigen Einnahmen aus der Lizenzierung im vergangenen Jahr bereits verabschiedet werden konnte (der BVPA leistete Vorarbeit und wir berichteten ausführlich), steht die Verteilung im Topf der Urheber immer noch nicht fest.
Seit dem Frühsommer 2023 fanden zahlreiche Fachsitzungen und Besprechungen der VG-Gremien statt, um die Grundlagen für eine neue Verteilungssparte „Social-Media Urheber Kunst/Bild“ zu erarbeiten. Dabei ist erstmalig eine Verteilung so zu konzipieren, dass auch Ausschüttungen an Außenseiter geleistet werden können. Zudem muss zumindest für den Anfang von der Prämisse ausgegangen werden, dass die Vertragspartner keine (brauchbaren) Nutzungsdaten zur Verfügung stellen können. Die Bild-Kunst wird ihre Planungen voraussichtlich in der Mitgliederversammlung 2024 den Mitgliedern vorstellen.
Einzelwerk Opt-Out Datenbank
Außenseiter haben das Recht, Widerspruch gegen den Einbezug ihrer Rechte in eine erweiterte Kollektivlizenz zu erklären. Die VG Bild-Kunst wird aber auch ihren Mitglieder die Möglichkeit eines Opt-Out anbieten: im Wahrnehmungsvertrag Bildagenturen ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Mitglieder in Einzelfällen auch einzelne Werke von der Lizenzierung ausnehmen können. Hierfür hat die VG eine Datenbank programmieren lassen, in die Bilder mit den zugehörigen Metadaten hochgeladen werden können. Die Datenbank wurde von Urhebern und teilnehmenden BVPA-Mitgliedsagenturen getestet. Sie wird in Kürze (per Webinar) vorgestellt und inkl. eines ausführlichen FAQs ausgerollt werden.
Sonstiges
Ein Rechtsgutachten soll erstellt werden zur Klärung der Frage, ob dieBild-Kunst Bilder mit Drittrechten an die Plattformen lizenzieren kann, ohne die Urheber in Haftungsschwierigkeiten, bspw. ggü. Kunden, zu bringen.
Darüber hinaus berichten die VG-Vertreter von Lizenzverhandlungen in anderen EU-Mitgliedstaaten. In den Niederlanden klage die dortige Bild-Verwertungsgesellschaft gegen Meta, weil der Konzern keine gemäß DSM-Richtlinie vorgesehenen, haftungsbefreienden „best efforts“ unternommen habe, um Inhalte zu lizenzieren.
In Frankreich habe die dortige Bild-VG dem Meta-Konzern ein Angebot vorgelegt, welches der Plattformanbieter mit einem äußerst geringschätzigen Gegenangebot beantwortete.
KI-Erzeugnissen - Diskussion um den Werkbegriff
Reine KI-Erzeugnisse stellen nach herrschender Meinung keine urheberrechtlich geschützten Werke oder Leistungen dar, die jeweils eine menschliche Schöpfung voraussetzen. Generative KI-Erzeugnisse werden von Menschen zwar initiiert, die eigentliche Schöpfung des Werkes wird im Regelfall aber durch eine Maschine erbracht.
In der Sitzung des Verwaltungsrats des Bild-Kunst am 25.01.2024 wurde darauf hingewiesen, dass KI-Erzeugnisse manchmal auch Werke oder Werkteile eins zu eins wiedergeben. In diesem Fall sind die Erzeugnisse Kopien von Werken und werden vom Urheberrecht erfasst.
Generative KI stellt die VG somit vor das Problem, dass Mitglieder, die ihre KI-Erzeugnisse melden und dann Ausschüttungen erhalten, hierzu nicht berechtigt sind. Es handelt sich dann um Ausschüttungen an Nicht-Berechtigte. Der Verteilungsplan der VG soll daher unmissverständlich klarstellen, dass es Ausschüttungen nur für urheberrechtlich geschützte Werke geben kann. Ausschüttungen für KI-Erzeugnisse seien im Regelwerk auszuschließen.
In den VG-Gremien wird dementsprechend an einer Definition arbeiten, um die Grenzen für den urheberrechtlichen Schutz von Werken zu definieren und festzulegen, wann dieser Schutz durch KI-Bearbeitung verloren geht. Andernfalls drohe eine Bilderschwemme in der Bild-Kunst.
Lobbying zur Umsetzung des EU AI Acts
KI war das große Thema im vergangenen Jahr und es wird uns auch 2024 beschäftigen: noch ist der europäische AI Act nicht in trockenen Tüchern, nachdem sich in der finalen Abstimmung zwischen EU-Kommission, -Parlament und Rat plötzlich Deutschland, Frankreich und Italien gegen eine verbindliche und sanktionierbare Transparenzpflicht ausgesprochen hatten. Eigene nationale Start-ups sollten nicht belastet werden. Nun wird in den technischen Arbeitsgruppen nach Lösungen gesucht.
Die Initiative Urheberecht hat das Thema mit mehreren Stellungnahmen, die auch vom BVPA unterstützt wurden, und der großen Konferenz im November ins Zentrum ihrer Arbeit gestellt – in enger Zusammenarbeit mit der VG Bild-Kunst.
Die ersten Schritte waren, für urheberfreundliche Vorschriften im AI Act zu kämpfen und den Boden für weitere rechtliche Regelungen zur KI zu bereiten. Hier geht es um die Frage, ob die Ausnahmeregelungen für Text- und Datamining in der DSM-Richtlinie und im deutschen Urheberrecht dazu berechtigen, geschützte Werke ohne Zustimmung der Rechteinhaber aus dem Internet zu „ernten“, um damit Maschinen zu trainieren.
Im deutschen Gesetz ist die Regelung besonders nutzerfreundlich (also urheberfeindlich): nur durch einen maschinenlesbaren Vorbehalt können Rechteinhaber verhindern, dass ihre Werke in das große Mahlwerk gelangen. Das ist aus mehreren Gesichtspunkten problematisch: zum einen gibt es bislang keinen gemeinsamen Standard für einen solchen Rechtevorbehalt, der für alle Urheber einfach zur Verfügung steht und zu dessen Respektierung sich auch die KI-Unternehmen verpflichtet haben. Zum anderen gibt es kaum eine Möglichkeit zu überprüfen, ob die Werke nicht doch verwendet wurden. Schließlich könnte der deutsche Gesetzgeber damit gegen die internationalen Konventionen zum Urheberrecht verstoßen, die ausdrücklich vorsehen, dass der Schutz gewährt wird, ohne dass es weiterer Maßnahmen von Seiten der Urheber bedarf.
Es geht also darum, den Urheber die Kontrolle über ihre Werke zurückzugeben. Nur dann können sie auch Vergütungen für die Nutzung der Werke verlangen, könnten die Verwertungsgesellschaften entsprechende Lizenzen erteilen. Auch für weitere Verwendungen der Foundation Modelle, also der Datensätze, die mit den Werken trainiert wurden, sollten die Rechteinhaber vergütet werden – so wie dies bei der Bibliothekstantieme, der Privatkopie oder der Kabelweitersendung der Fall ist.
All dies muss in Brüssel geregelt werden. Im Juni wird ein neues Parlament gewählt und auch die Amtszeit der Kommission endet im Sommer. Erst nach der Sommerpause werden dann Parlament und Kommission ihre inhaltliche Arbeit wieder vollständig aufnehmen. Dann werden wir gemeinsam mit der Initiative Urheberrecht und den internationalen Dachverbänden der VG Bild-Kunst, also EVA, Ifrro, CISAC und SAA an der Gestaltung des urheberrechtlichen Rahmens mitwirken. Die Notwendigkeit weiterer rechtlicher Leitplanken, insbesondere hinsichtlich der Opt-Outs, also der Ergebnisse generativer KI ist inzwischen allgemein anerkannt.
Sonstiges
Die VG-Vertreter berichten, dass in England die dortige Bild-VG von einem größeren Tech-Unternehmen zur Lizenzierung von Bilddaten für Traingszwecke kontaktiert wurde. Die VG Bild-Kunst wird in den kommenden Monaten in ihren Gremien diskutieren, ob eine derart heikle Übertragung von Erstrechten ihrer Mitglieder für solche Lizenzanfragen sinnvoll wäre.
Bei Rückfragen zu den Ergebnissen der Berufsgruppenversammlung am 11. April 2024 in Kassel können Sie sich gerne an die BVPA-Geschäftsstelle wenden.