Die aktuelle Urheberrechtspolitik in Deutschland und Europa stand im Mittelpunkt des 4. Kongresses Urheberrechtspolitik des Erich Pommer Instituts am 8. April in Berlin. Führende Köpfe aus Politik, Recht und Wirtschaft waren eingeladen, um den aktuellen Stand aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. BVPA-Justiziar RA David Seiler war vor Ort und hat die Tagung kurz zusammengefasst.
Die Insider und Experten erwarten, dass die am 26.03.2019 vom EU-Parlament beschlossene Fassung der Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt voraussichtlich am 15. April 2019 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet werden wird.
Die Bewertung der Richtlinie seitens der Kongressteilnehmer war in Anbetracht der polarisierten Diskussion und Außeinandersetzung im Vorfeld sehr unterschiedlich.
Eine Auffassung war, dass die Richtlinie mehr den Intermediären (Verlagen, sonstigen Vermittlern von Nutzungsrechten) nutze als den eigentlichen Urhebern, dass es schwer würde in der Umsetzung der Richtlinie die US-Internet-Unternehmen wirksam zur Kasse zu bitten. Zwar sieht die Richtlinie vorrangig die Lizenzierung von Werken auf Plattformen vor, da jedoch die Lizenzierungsmechanismen bislang fehlen, würden - so der Google-Vertreter - die Plattformen vermutlich zum Selbstschutz sicherheitshalber nicht lizenziertes Material ausfiltern. Das wäre, so andere Teilnehmer, aber auch eine Chance für legal arbeitende, lizenzierte Bezahlangebote, z.B. von Verlagen, die hinter einer Paywall sitzen, da die User außerhalb dann weniger interessantes Material finden.
Julia Reda (mittlerweile parteilos) meinte, dass die Chance auf ein modernes Urheberrecht, welches grundsätzliche und aktuelle Fragen klärt, vertan wurde und ein erwünschtes europäisches Urheberrechtsgesetz noch lange Jahre auf sich warten lassen wird. Sie begrüßt die Kopplung des Leisutngsschutzrechts für Reporofotos an die Schutzfrist der reproduzierten Kunstwerke als sinnvolle Begrenzung des Fotografieschutzes. (Eine Regelung mit der die BGH-Entscheidung „Museumsfotos" wieder ausgehebelt werden soll, siehe https://www.fotorecht-seiler.eu/bgh-reprofotos-hausrecht-museumsfotos)
Prof. Pfennig von der Initiative Urheberrecht will die Umsetzung der Richtlinie pragmatisch begleiten, ist froh, dass es überhaupt zu einer Verbesserung durch die Richtlinie, die auch hätte scheitern können, gekommen ist. Sie sei zwar nicht das Optimum und viele Wünsche noch offen, aber „besser als nix“. Und man müsste jetzt mit dem Arbeiten, was als Ergebnis vorliegt.
Es gilt einerseits die Umsetzung der Richtlinie konstruktiv zu begleiten, die möglichen Gestaltungsspielräume zu Gunsten der Urheber zu nutzen und parallel die noch nicht geregelten Punkte und Wünsche, z.B. Korrektur der „Framing"-Rechtsprechung und doppelter Schadensersatz (siehe Verbändeforderung) rechtspolitisch einzufordern.