Auskunftspflichten für Bildagenturen und die weiteren Verwerter und Nutzer urheberrechtlicher Werke

Die sog. DSM-Richtlinie der Europäischen Union (EU 2019/790 vom 17. April 2019, Digital Single Market, Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt) hat bereits eine ganze Reihe von Änderungen des deutschen Urhebergesetzes nach sich gezogen.

Im Jahr 2023 kommt aber eine bereits am 07.06.2021 eingeführte Regelung des Urhebergesetzes erstmals zur Anwendung, die erhebliche Auswirkungen für den betrieblichen Alltag von Bildagenturen besitzen wird. Am 07.06.2023 können Urheber (nach dem Karenzjahr des §§ 133 Abs. 3 Satz 1 UrhG) erstmals von den Verwertern und damit auch von Bildagenturen Auskunft über die Nutzung ihrer Urheberrechte seit dem 07.06.2022 verlangen. § 32d UrhG sieht vor, dass die Lizenznehmer von Urheberrechten einmal jährlich über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile Auskunft erteilen müssen. Die Auskunft ist erstmals ein Jahr nach Beginn der Werknutzung zu erteilen und erfasst auch Altverträge, die vor 2021 abgeschlossen worden sind.

Urheber können also erstmals am 07.06.2023 von ihren Lizenznehmern Auskunft über die Werknutzung des zurückliegenden Jahres, d.h. seit dem 07.06.2022 verlangen.

Für die meisten Bildagenturen dürfte diese Regelung wenig relevant sein, da sie ohnehin in zeitlichen Abständen über die Werkverwertung abrechnen und damit Auskunft erteilen.

Die wesentliche Änderung liegt aber darin, dass die Auskunftspflicht nach § 32e UrhG auch die weiteren Mitglieder in der Lizenzkette umfasst. Der Fotograf kann also beispielsweise Auskunft von seiner Bildagentur verlangen und die Bildagentur muss dann wiederum von der Werbeagentur, die ein Bildrecht eingekauft hat, Auskunft erhalten und die Werbeagentur dann ihrerseits vom Betrieb, der das Bild in der Werbung eingesetzt hat. Erfolgt die Auskunft nicht über die Nutzungsstufen hinweg, kann der Urheber selbst die verschiedenen Nutzer in der Kette auf Auskunft in Anspruch nehmen.

Eine Sperre gegen die Auskunftspflicht liegt nach § 32d Abs. 2 UrhG dann vor, wenn der Urheber lediglich einen nachrangigen Beitrag zu einem Werk erbracht hat oder die Inanspruchnahme des Lizenznehmers unverhältnismäßig wäre. Letzteres dürfte eher selten der Fall sein.

Der Auskunftsanspruch ist zugleich unabdingbar, sodass auch vertragliche Regelungen keinen Dispens schaffen können. Nur gemeinsame Vergütungsregeln nach § 36 UrhG oder Tarifverträge könnten hiervon abweichen. Es ist nicht ersichtlich, dass irgend eine gemeinsame Vergütungsregel oder ein Tarifvertrag dies derzeit anders regelt. Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist lediglich die entgeltliche Nutzungsrechtseinräumung, sodass auch Nutzungen von urheberrechtlichen Werken erfasst werden, bei denen die erworbenen Nutzungsrechte durch eine einmalige Vergütung abgegolten wurden.

Ein Unternehmen, das die geschuldeten Auskünfte mehrfach nicht erteilt, kann von Urheberverbänden nach § 36 UrhG (nicht aber vom einzelnen Urheber) auf Unterlassung der Werknutzung in Anspruch genommen werden. Allerdings kann der einzelne Urheber, der von seinem Lizenznehmer keine Auskunft erhält, seinen Anspruch einklagen und gegebenenfalls auch den Lizenzvertrag wegen der verweigerten Auskunft kündigen. Der Auskunftsanspruch richtet sich dann nach § 32e UrhG auch gegen die weiteren Werknutzer in der Kette der Werknutzung.

Bildagenturen sind also gut beraten, sich auf die geänderte und gesteigerte Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber Urhebern oder ihren Lizenzgebern (die selbst keine Urheber sind) auch für zurückliegende Nutzungen seit dem 07.06.2022 einzurichten. Ältere Nutzungen vor dem 07.06.2022 sind dagegen nicht auskunftspflichtig.

Es liegt auf der Hand, dass diese gesetzliche Regelung geeignet ist, einen erheblichen Verwaltungsaufwand für die Nutzer urheberrechtlicher Werke zu erzeugen. Durch die Kettenwirkung des Auskunftsanspruchs können auch die Bildagenturen zum Weiterreichen der Auskunftsansprüche gezwungen sein, selbst wenn sie ihrerseits eigentlich gar keine Auskunft verlangen wollen. Anderenfalls kann nämlich der Urheber selbst die Auskunftsansprüche über die Lizenzkette hinweg geltend machen.

 

Über den Autor

Bereits seit 2009 ist Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Donle Ansprechpartner für die BVPA-Bildagenturen und konnte seitdem bei zahlreichen Anfragen helfen. Christian Donle ist gleichermaßen als "klassischer" Prozessanwalt wie als Berater tätig. Er berät und vertritt überwiegend Industrieunternehmen und viele Unternehmen aus dem Mittelstand auf sämtlichen Gebieten des Gewerblichen Rechtsschutzes (Patentrecht, Markenrecht, Designrecht), im Urheberrecht und im Kartell- und Wettbewerbsrecht. Prozessführung gehört zu seinen Schwerpunkten, wobei er auf zahlreiche Prozesse und einstweilige Verfügungen bundesweit zurückblicken kann.

Die Bekämpfung der Produktpiraterie auch im internationalen Kontext ist Teil seiner täglichen Arbeit. Ebenso gehört aber auch die strategische und vertragsgestaltende Beratung von Unternehmen zu seinen Schwerpunkten.

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