Auch im Jahr 2024 sind Fotografinnen und Illustratorinnen als Urheberinnen von Magazin-Covern in der deutschen Medienlandschaft weiter unterrepräsentiert.
Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) Nord gemeinsam mit dem Female Photoclub und FREELENS vorgestellt hat. Die drei Organisationen haben 77 Magazine mit insgesamt 1.065 Titelausgaben im Jahr 2024 analysiert. Nur in 22 Prozent wurden Fotografinnen und Illustratorinnen als Urheberinnen auf dem jeweiligen Cover genannt. Der Anteil der genannten männlichen Urheber dagegen war mit 43 Prozent fast doppelt so hoch. In 34 Prozent der ausgewerteten Titel fehlte es zudem an einer Urheberbenennung – im Verhältnis zu 2022 (19 Prozent) ein signifikanter Anstieg.
Zwar ist die Erhebung nicht repräsentativ – dennoch ergibt sich ein eindeutiges Bild. Um jedoch eine Vergleichbarkeit zu den Vorjahren trotz der Veränderungen auf dem Zeitschriftenmarkt (Titeleinstellungen) zu ermöglichen, haben die drei beteiligten Organisationen 18 Magazine, die in allen drei Jahren (2019, 2022, 2024) analysiert wurden, gesondert betrachtet.
Hier zeigt sich eine leicht positive Tendenz im Frauenanteil: Er stieg von 20 Prozent im Jahr 2019 auf 32 Prozent im Jahr 2022 und erreichte 2024 34 Prozent.
Die längere Version der Pressemitteilung finden Sie im Presseordner: https://www.picdrop.com/femalephotoclub/S8YYadqJPF
STIMMEN AUS DER BRANCHE
Marialuisa Plassmann, Leiterin KNA-Bild und Mitglied im BVPA-Vorstand:
Die Zahl der Magazin-Cover ohne vollständigen Bildcredit ist hoch – und steigt weiter. 2024 blieb bei 34 Prozent der Titel der Name der Urheber ungenannt oder es wurde nur eine Agentur genannt. Gleichzeitig zeigt sich ein klares Ungleichgewicht: Nur 22 Prozent der Titelbilder stammen von Kreativen weiblichen Geschlechts, während männliche Kreative mit 43 Prozent fast doppelt so oft vertreten sind.
Kreative prägen mit Fotografie und Illustration den ersten Eindruck eines Magazins. Sie verdienen eine sichtbare Anerkennung. Die vollständige Nennung, inklusive Name und Agentur, ist eine Frage des Respekts – nicht des verfügbaren Platzes. Ein Teil des Problems liegt auch bei den Bildlieferanten: Agenturen, PR-Stellen und Unternehmen liefern die Angaben oft unvollständig oder unübersichtlich, was eine faire Nennung zusätzlich erschwert.
Rechtlich ist die Lage klar – Credits sind verpflichtend. Doch aus Angst vor Konflikten mit Auftraggebern verzichten viele Kreative und Agenturen darauf, ihre Rechte einzufordern.
Die Redaktion trägt Verantwortung: Chefredaktion, Artdirektion und Bildredaktion müssen sich für die Namensnennung einsetzen – notfalls auch mit technischer Unterstützung. Dass es geht, zeigen viele der untersuchten Titel. Dieses Engagement sollte Standard werden – für mehr Sichtbarkeit, Fairness und Professionalität.
Stefan Endter, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) und Geschäftsführer DJV Nord:
Für den DJV ist die Gleichberechtigung und Diversität im Journalismus ein wichtiges Thema. Wir freuen uns deshalb, dass mit der vorliegenden Auswertung seit 2019 nun schon zum dritten Mal untersucht worden ist, in welcher Weise Fotografinnen und Illustratorinnen die Titelseiten der Zeitschriften prägen. Zwar nimmt ihre Präsenz zu, sie sind aber leider noch immer deutlich unterrepräsentiert. Die Untersuchung zeigt auch, dass in den Medienhäusern das Urheberrecht offensichtlich häufig nicht eingehalten wird. Nur so ist es zu erklären, dass es in 34 Prozent der untersuchten Titel an einer Urheberbenennung fehlt. Wir hoffen sehr, dass die Analyse in zwei Jahren ein besseres Ergebnis vermelden kann.
Verbandsstatement des Female Photoclub:
Wir freuen uns, dass sich das Geschlechterverhältnis auf Magazintiteln im Jahresvergleich erneut leicht verbessert hat. Besonders positiv sehen wir, dass viele Redaktionen mit eigener Bildvergabe inzwischen bewusster auf Ausgewogenheit achten.
Kritisch betrachten wir den stark gestiegenen Anteil an unbekannten Urheber*innen. Wenn über ein Drittel der Credits keine klare Zuordnung ermöglichen, erschwert das die Sichtbarkeit und Anerkennung kreativer Arbeit – es verhindert auch, dass strukturelle Ungleichheiten benannt und ausgeglichen werden können.
In den Ressorts Zeitgeschehen, Reportage und Presse – also bei Themen wie Politik, Sport und Prominenz – bleibt der Anteil weiblicher Bildautorinnen weiterhin auffallend niedrig. Hier sehen wir insbesondere die Agenturen in der Pflicht, ihre Vergabepraxis zu hinterfragen und gezielt mehr FLINTA*-Personen zu beauftragen oder einzustellen.
Viele Magazin-Cover reproduzieren zudem weiterhin stereotype Darstellungen und thematische Klischees. Es braucht mehr Mut zur Vielfalt – in der Bildsprache, in den Perspektiven, bei den Motiven und in der Auswahl der Themen.
Es ist wichtig, dass Redaktionen diese Verantwortung aktiv annehmen und ihre Arbeitsweisen reflektieren. Denn nur mit Engagement für Repräsentation und Gleichberechtigung lässt sich eine vielfältigere visuelle Medienlandschaft gestalten – und dem Ziel von echter Parität einen Schritt näherkommen.

Zeitungsverkauf in Hamburg, 12. Mai 2025
© Lucja Romanowska
Heike Ollertz, Geschäftsführung FREELENS e.V.:
FREELENS e.V. unterstützt als Berufsverband professioneller Fotograf*innen ausdrücklich die Gleichstellung. Diese Erhebung soll dazu dienen, den Diskurs zu fördern und das Thema sichtbar zu machen. Die Ergebnisse aus dem Jahr 2024 zeigen: Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Das zeigt auch die erhöhte Anzahl der nicht genannten Urheber*innen. Der Nachweis der Urheberschaft ist rechtlich verpflichtend. Auch IPTC-Daten dürfen nicht gelöscht oder ver- ändert werden. Viele Online-Publikationen ignorieren auch hier, trotz eines Urteils vor dem Landgericht Hamburg aus dem Jahr 2016, geltendes Recht.
Die Lage für freiberuflich arbeitende Fotojournalist*innen und Fotograf*innen in Deutschland ist insgesamt zunehmend besorgniserregend. Honorare stagnieren oder werden sogar gekürzt, während Verlage immer häufiger versuchen, Rechte an den Arbeiten der Freien zu übernehmen, ohne diese angemessen zu honorieren. Wir rufen daher alle Medien, die über den Zustand des Journalismus berichten, dazu auf, auch das Thema der Honorare für freie Fotojournalist*innen
in den Fokus zu rücken und ihren Teil zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beizutragen, IPTC-Daten nicht zu löschen, die Urheberschaft zu nennen und die Gleichstellung zu fördern.
Tobias Heuser, Photo Director Capital Magazin:
Wir in der Redaktion achten auf einen ausgeglichenen Frau-Mann Anteil bei unseren Beauftragungen. Unser Ziel bei Capital war und ist immer, mindestens so viele Fotografinnen wie Foto- grafen (das Gleiche gilt bei Illustrationen) pro Ausgabe zu beauftragen.
Dass der Cover-Anteil 2024 nur bei 13 Prozent Frauenanteil lag, zeigt nur einen Teil des Ganzen. Auf den Innenteil geschaut, würden die Zahlen sicher etwas anders aussehen.
Die Cover-Auswertung zeigt aber natürlich, dass wir auch bei den Titelbildern unsere Bemühungen, uns diverser aufzustellen, noch erhöhen müssen.
Dr. Alfons Kaiser, Verantwortlicher Redakteur F.A.Z. Magazin
Gut, dass der Anteil von Fotografinnen und Illustratorinnen an der Titelgestaltung deutscher Magazine wächst. Beim F.A.Z.-Magazin, das oft Mode- und Designthemen auf das Cover setzt, war das eine natürliche Entwicklung. Irgendwann kam es uns falsch vor, junge weibliche Models vornehmlich von älteren männlichen Fotografen aufnehmen zu lassen. Daher drucken wir im- mer öfter Bilder von Fotografinnen wie Julia von der Heide, Amira Fritz, Kathrin Makowski oder Lottermann and Fuentes. Vielleicht können wir so auch Politik- und Wirtschaftsmagazine dazu anregen, stärker auf eine gerechte Geschlechteraufteilung zu achten. Dazu braucht es nach meiner Meinung aber keine festen Quoten, sondern nur ein wachsendes Bewusstsein von den Chancen, die sich aus neuen Perspektiven ergeben.