Bildagentur muss 35.000 Euro Schadensersatz an Kölner Dom und Maler zahlen

Die „Hohe Domkirche zu Köln Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR)“ – hier „Kölner Dom“ genannt – geht gegen mehrere Bildagenturen vor, die Innenaufnahmen des Kölner Doms oder Aufnahmen von Sonderbereichen (Dach, Baptisterium, Grabung, Türme, Dombauhütte, Schatzkammer, die Sakristei und Binnenchor) zur Lizenzierung anbieten. Der BVPA hatte seine Mitglieder diesbzgl. Anfang September 2024 per Flash informiert, siehe hier.

 

I. Urteilsanalyse

Das OLG Köln hatte in einer ersten Stufe gegen eine Bildagentur entschieden, dass diese zur Zahlung von Schadenersatz an den Kölner Dom wegen Verletzung des Eigentumsrechts und an einen Maler wegen Verletzung dessen Urheberrechts verpflichtet ist (siehe OLG Köln, 18.02.2022, Az. 19 U 130/21 sowie parallel gelagert OLG Köln, 10.8.2023, Az. 15 U 183/22).

Nach der jetzt bekannt gewordenen Entscheidung des OLG Köln vom 23.05.2025, Az. 6 U 61/24, muss eine Bildagentur an den Kölner Dom und den Maler Gerhard Richter insgesamt 35.000 Euro Schadensersatz für 220 Fotos zahlen. Hinzu kommen Zinsen, Abmahnkosten und anteilige Prozesskosten. Da der Kölner Dom mind. 100.000 Euro Schadensersatz gefordert hatte, muss er jedoch 75 % der Prozesskosten tragen.

Die 220 Bilder entstanden im Rahmen verschiedener Pressetermine und wurden im Kölner Dom oder aus ihm heraus aufgenommen. In der Bilddatenbank der Agentur wurden sie auch nach der tagesaktuellen Berichterstattung weiter kommerziell angeboten.

Prüfpflichten

Die Bildagentur als sog. unmittelbare Handlungsstörerin haftet für den Umstand, dass sie ohne Erlaubnis des Kölner Doms als Eigentümerin Fotos von dessen Innenraum in ihrer Online-Datenbank zur Lizenzierung angeboten hat. Ob sie darüber hinaus noch Prüfpflichten hat und diese von ihr verletzt wurden, lässt das Gericht ausdrücklich offen, weil das nicht entscheidungserheblich ist.

Jedenfalls ist die Bildagentur für die Beachtung der Prüfpflicht im Rahmen ihres Geschäftsmodells verantwortlich, also ob die Fotos in ihre Vermarktung aufgenommen werden können, ohne Rechte Dritter damit zu verletzen. Sie können mit dem Argument, sie müssen sich auf die Angaben der Fotografen verlassen können, nicht durchdringen und sich nicht nur auf deren Zusicherung verlassen. Da das Gericht von einer Eigentumsverletzung ausgeht, kommt es nach seiner Ansicht nicht darauf an, ob die Bilder für redaktionelle oder auch werblicher Zwecke angeboten werden, weil schon das zur Lizenzierung gegen Entgelt Anbieten als kommerzielle Verwertung des fremden Eigentums angesehen wird.

Kann die Rechteklärung (hier: Property und Künstler Release) an den Kunden der Bildagentur abgegeben werden?

Da laut Gericht es schon auf das Einstellen von Fotos in die Online-Datenbank der Bildagentur zum Zweck der Weiterlizenzierung ankommt und dieses eigentumsrechtlich gerechtfertigt sein muss, muss dies die Bildagentur selbst klären. Erst wenn die Bilder eigentumsrechtlich überhaupt zur Lizenzierung angeboten werden dürfen, wäre in einem zweiten Schritt zu klären, ob ggf. weitere Rechte Dritter verletzt werden, z.B. Urheberrechte, Rechte der abgebildeten Personen. Hier könnte abhängig von der beabsichtigten Nutzung, die die Bildagentur ja in vielen Fällen nicht kennt, die Übernahme der Prüfpflicht und – sofern keine gesetzlichen Schranken einschlägig sind – die Einholtung der erforderlichen Zustimmungen zwischen Bildagentur und Lizenznehmer vereinbart werden.

Berechnung der Höhe des Schadensersatzes

Der Schadenersatz kann entweder auf Basis des vom Verletzer erzielten Gewinns berechnet werden oder nach der Lizenzanalogie. Daher musste die Bildagenturen zur Berechnung der Schadenshöhe u.a. Auskunft über die erzielten Einnahmen erteilen.

Die Höhe des Schadensersatzes wurde nicht auf Basis des Gesamtumsatzes der Bildagentur berechnet, da dieser nur 863,71 Euro betrug. Stattdessen wurde Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gefordert. Dabei wird darauf abgestellt, was vernünftige Vertragsparteien an Lizenzhöhe vereinbart hätten, ohne dass es darauf ankommt, ob der konkrete Verletzer überhaupt bereit gewesen wäre, etwas zu bezahlen. Eine der drei Möglichkeiten, die Schadenshöhe nach der Lizenzanalogie zu berechnen ist auf branchenübliche Honorare oder Tarife abzustellen, z.B. auch die mfm-Honorarübersicht oder die Tarife der VG Bild-Kunst. Die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie ist eine von drei Berechnungsmethoden zwischen denen der Verletzte wählen kann, vgl. § 97 Abs. 2 UrhG.

Der Künstler Gerhard Richter hat das „Richter-Fenster“ entworfen, welches vom Innenraum des Kölner Doms aus fotografiert und von der Bildagentur zur Lizenzierung angeboten wurde. Die Ansprüche hat der Kölner Dom mit Erlaubnis des Künstlers geltend gemacht. Ihm steht Schadenersatz in Höhe von 9.960,- Euro zzgl. Zinsen zu. Da Gerhard Richter laut Künstlerverzeichnis der VG Bild-Kunst seine Reproduktionsrechte nicht der VG Bild-Kunst zur Wahrnehmung übertragen hat, kann er diese Rechte inkl. Schadenersatz selbst wahrnehmen, aber eben auch dem Kölner Dom die Geltendmachung seiner Ansprüche gestatten.

Auf einem Foto ist die Dombaumeisterin im Vordergrund, das „Richter-Fenster“ im Hintergrund. Hier greift für das Kunstwerk nicht die eng auszulegende Schranke des unwesentlichen Beiwerks, §57 UrhG, da es beim Portrait ja gerade auf die Verbindung zwischen der Person im Vordergrund und dem bunten Fenster im Hintergrund ankommt (vgl. BGH, Möbelkatalog). Selbst wenn die Dombaumeisterin ihre Zustimmung dazu gegeben hätte, zusammen mit dem „Richter-Fenster“ im Hintergrund fotografiert zu werden, ist das nur als bildnisrechtliche Zustimmung zu verstehen und ersetzt nicht die erforderliche Zustimmung durch Herrn Richter.

Bei dem Foto des „Richter-Fensters“ wurde auf die Tarife D der VG Bild-Kunst für die gewerbliche Nutzung von Informationsdiensten abgestellt. Die Tarife der VG Bild-Kunst sind auf Endnutzer und nicht auf das Geschäftsmodell von Bildagenturen zugeschnitten. Gleichwohl kann sich das Gericht bei seiner Schadensschätzung an einem ähnlichen Tarif bzw. Honorar orientieren. Das OLG rechnet mit Preisen zwischen 30 – 50 Euro pro Bild (je nach Nutzungsdauer) mal Anzahl der Bilder. So ergibt sich ein Betrag von 4.980 Euro, der für das Geschäftsmodell „Bildagentur“ pauschal verdoppelt wurde.

Den Schadensersatzbetrag für die übrigen Fotos schätzt das OLG auf insgesamt rund 25.000 Euro. Das Gericht geht dabei von einer „verhältnismäßig geringen Intensität des Eingriffs“ aus. Der Gedanke dabei ist, dass das einzelne Bild in der Masse der Millionen anderer Fotos in der Online-Datenbank untergeht. In Anlehnung an die Tarifgruppe D der VG Bild-Kunst ergibt sich daraus ein Lizenzschaden in Höhe von 12.386,00 Euro, den das Gericht wieder aufgrund des Geschäftsmodells „Bildagentur“ auf 24.722,- Euro verdoppelt.

Stand des Verfahrens

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Zwar hat das OLG die Revision zum BGH nicht zugelassen, jedoch kann binnen eines Monats noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erhoben werden. Soweit bekannt, hat bzw. will die Klägerseite eine Nichtzulassungsbeschwerde einreichen. Da die meisten Nichtzulassungsbeschwerden nicht zum Erfolg führen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die OLG-Entscheidung rechtskräftig wird, zumal die grundlegenden Fragen des Falls vom BGH bereits entschieden worden sind - siehe „Sanssouci“-Rechtsprechung.

Tipps

• Bei Aufnahmen in Gebäuden oder auf Privatgelände sollte geprüft werden, ob eine Einwilligung des Eigentümers (Property Release) zur Vermarktung der Fotos durch Bildagenturen vorliegt.

• Das Recht, das Foto als Bildagentur zu vermarkten, muss sich auf alle Rechte am Foto beziehen und von den jeweiligen Rechteinhabern vorliegen. Dies beinhaltet das Datenschutzrecht der betroffenen Personen inkl. Recht am eigenen Bild und das Recht, die Namen der abgebildeten Personen mit Ort, Zeit und Anlass in Verbindung zu bringen; außerdem fremde Urheberrechte am Motiv wie z.B. das „Richter-Fenster“, Rechte des Urhebers bzw. Fotografen und nicht zuletzt das Eigentumsrecht des Aufnahmestandortes wie der Kölner Dom.

• Prüfen Sie die Berechtigung der Person, die Ihnen eine Fotoerlaubnis gegeben hat und auf welches Recht (z.B. Bildnisrecht, Urheberrecht, Eigentumsrecht) sich dies bezieht.

• Stellen Sie in den Ankaufbedingungen mit Ihren Bildlieferanten klar, dass diese bei Fotos von Innenräumen wie dem Kölner Dom und dessen Sonderbereichen für die Einholung einer eigentumsrechtlichen Erlaubnis zur Fotovermarktung verantwortlich sind und Sie ohne diese Erlaubnis die Bilder nicht in Ihre Datenbank aufnehmen können, sofern die Bilder nicht nur der tagesaktuellen Berichterstattung dienen. Der Kölner Dom definiert die Frist in seinen Antragsbedingungen mit 3 Monaten nach Entstehung der Aufnahmen.

• Machen Sie die Kunden darauf aufmerksam, welche Rechte geklärt sind und ob der Kunde vor der Nutzung der Bilder noch Rechte klären sollte.

 

II. Bewertung des Urteils

1. Auswirkung / Einfluss auf Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit

Das Urteil des OLG Köln zur Schadenshöhe muss zusammen mit dem Urteil über das Auskunftsrecht, den Unterlassungsanspruch und die Schadenersatzpflicht gesehen werden. Die Urteile stehen in einer Reihe von Entscheidungen seit der BGH-Rechtssprechung zum Eigentumsrecht der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) vom 17.12.2010, Az. V ZR 45/10.

Hier hatte der BGH entschieden, dass mit dem Eigentumsrecht am Grundstück auch das Recht der wirtschaftlichen Auswertung des Grundstücks in Form von Fotografien verbunden ist. Das erstreckt sich dann auf das Grundstück, alle (Kunst-)Gegenstände und Gebäude auf dem Grundstück, die zum Grundstückeigentum gehören oder sich dort befinden und auf alle Fotos, die davon aufgenommen werden. Das Eigentumsrecht gibt dem Grundstückseigentümer das Recht zu entscheiden, ob jemand überhaupt das Grundstück betreten darf und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Dieses Recht kann der Grundstückseigentümer in Form von Fotorichtlinien gestalten, die Erlaubnis zum Fotografieren oder zur Vermarktung der Fotos von einem Entgelt oder bestimmten weiteren Bedingungen abhängig machen.

Diese Rechtsposition kann auch genutzt werden, um missliebige Meinungen, Berichterstattung oder auch missliebige Presseorgane und sogar Bildagenturen von der (visuellen) Berichterstattung und Fotovermarktung auszuschließen. Das Problem hieran ist, dass sich laut BGH der Anspruch auf Pressefreiheit nur gegen den Staat und nicht gegen Eigentümer richtet und daher die Pressefreiheit nicht als Argument gegen die Nutzung des Eigentumsrechts zur Steuerung der Verbreitung und Vermarktung von Fotos des Eigentums ins Feld geführt werden kann.

Das Eigentumsrecht ist ein Grundrecht, wie auch die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit. Aber auch die Berufsfreiheit der Bildagenturen und Fotografen und deren geistiges Eigentum sind grundrechtlich geschützt. Widerstreitende Grundrechtspositionen müssen von der Rechtsprechung miteinander in Einklang gebracht werden (Stichwort: praktische Konkordanz). Dies gilt gerade auch im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht, welches nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll.

Dies hätte dem BGH die Möglichkeit eröffnet, das hier absolut gewährte Eigentumsrecht zur Steuerung der visuell-fotografischen Wahrnehmbarkeit und Vermarktung gemeinwohlorientiert zu steuern und die Funktion der Bildagenturen für die Berichterstattung nicht nur über die tagesaktuellen Ereignisse, sondern auch über spätere Ereignisse über die Institution Kölner Dom oder die katholische Kirche der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit zuzuweisen.

Der Kölner Dom versucht dieser Kritik dadurch zu entgehen, dass er grundsätzlich Pressevertretern die Zutrittserlaubnis auf Antrag oder Einladung zur aktuellen Berichterstattung über das fotografierte Ereignis unter zusätzliche Voraussetzungen, vgl. Ziff. 3 der Fotorichtlinie des Doms, gestattet.
Diese Erlaubnis gilt dann 3 Monate nach dem Ereignis (Ziff. 3.1) und schließt die Verwendung für Werbezwecke, aber auch für redaktionelle Zwecke, die nicht die Berichterstattung des fotografierten Ereignisses betreffen, aus. Diese und die nachstehende Agenturbeschränkung findet sich dann auch im Formular „Anfrage Zutrittserlaubnis Presse“ wieder. In der dortigen Ziff. 6 wird die Verwendungserlaubnis auf die aktuelle Berichterstattung für 3 Monate beschränkt. In Ziff. 7 wird die Weitergabe nur an Presseagenturen, nicht jedoch an Foto- und Bildagenturen (s.u.) erlaubt, wobei auf die Nutzungsfrist von maximal 3 Monaten hinzuweisen ist.

Weiter wird in Ziff. 3.2. der Fotorichtlinie geregelt, dass die Weitergabe von Aufnahmen nur an Presseagenturen unter namentlicher, aber nicht abschließender Nennung von dpa, KNA und epd gestattet ist. Die Weitergabe an gewerblich tätige Bildagenturen wie z.B. Getty Images, Adobe, Fotolia und Imago ist hingegen untersagt. Insb. mit dieser Regelung greift der Eigentümer, der das Monopol über Fotos in, aus und von seinem Eigentum nach der Rechtsprechung hat, in den Wettbewerb zwischen Bildagenturen ein. Dies ist kartellrechtlich zu prüfen. Vor allem ist es aber auch AGB-rechtlich fraglich, ob eine Unterscheidung zwischen „Presseagenturen“ und „gewerblich tätigen (online-)Foto- und Bildagenturen“ hinreichend klar verständlich ist. Einerseits dürften ja auch die (genannten) Presseagenturen gewerblich und online tätig sein und andererseits dürften auch die anderen Foto- und Bildagenturen an die Presse lizenzieren und z.B. durch Beschränkung der Nutzung für „redaktionelle Berichterstattung“ ein Teilvermarktungssegement eröffnen, welches einer Presseagentur gleichkommt, so dass die Unterscheidung willkürlich erscheint und nicht zu rechtfertigen ist. Nach § 305 c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung der AGB zu Lasten des Verwenders (hier des Kölner Doms). Zudem sind AGB unwirksam und stellen eine unangemessene Benachteiligung dar, die unklar und nicht verständlich sind. Zu prüfen wäre auch, ob die unterschiedliche Behandlung der reinen Presseagenturen und der auch-Presseagenturen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und der hier anwendbar ist.

Festzuhalten bleibt, dass die aktuelle Rechtsprechung zur Steuerung der Fotovermarktung von Eigentum negative Auswirkungen auf die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit hat, wenn Fotos nach drei Monaten wieder aus den Archiven und Datenbanken gelöscht werden müssen und nicht einmal als Symbolbilder für die Presseberichtersattung über Personen oder Institutionen genutzt werden dürfen, die sich nicht auf das konkrete Ereignis beziehen. Zudem ist die Steuerung der Vermartungskanäle über bestimmte Agenturen unter Ausschluss anderer Agenturen rechtlich problematisch.

Ein weiteres Problem für Bildagenturen ergibt sich daraus, dass die BGH-Rechtsprechung über die SPSG hinaus auch von weiteren Einrichtungen zur Steuerung, Kommerzialisierung oder Verhinderung der Bildvermarktung und Bildberichterstattung gerade von Kulturgütern der Allgemeinheit genutzt werden, z.B. Detmoder Schloss und Schlosspark, Falkenburg, Burg Hohenzollern, Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachen gGmbH oder Museum Keltenwelt Glauberg.

2. Rechtsunsicherheit bei Abgrenzungsproblemen

Die Frage, ob sich eine Einrichtung bzw. ein Eigentümer auf die „Sanssouci“-Rechtsprechung beruft und wie sie/er dies mit Blick auf die Auswahl der ihm genehmen Bildagenturen und der erlaubten Nutzungsdauer gestaltet, stellt für Fotografen und Bildagenturen eine erhebliche administrative Herausforderung dar, zumal sich diese Regelungen im Laufe der Zeit ändern können. In diesem Fall stellt sich dann die Frage, für welche Bilder aus welcher Zeit welche Regelungen gelten, ob eine Pflicht besteht, sich fortlaufend über die Regeländerung zu informieren oder umgekehrt die Eigentümer selbst die Agenturen aktiv informieren müssten. Auch wenn die Regelungen bekannt sind, stellt sich die Frage, ob diese rechtswirksam sind und wie diese zu interpretieren sind.

Diese Rechtsunsicherheit kann einen Chilling-Effekt haben, der zu einer reduzierten (Bild-)Berichterstattung führt, was letztendlich der kulturellen Landschaft in Deutschland und dem kulturellen Gedächtnis schadet. Z.B. Jubiläums- oder Reisebildbände werden in der Produktion bzgl. der Rechteeinholung oder auch nur der nicht-Auffindbarkeit von Bildmaterial in Bilddatenbanken erheblich erschwert und wohlmöglich wirtschaftlich und faktisch unmöglich gemacht.

3. Praktische Auswirkungen auf die Bildbranche / Bildagenturen / Fotografen

Die Möglichkeit, dass Eigentümer bestimmte Bildagenturen bevorzugen und andere ausschließen verzerrt den Wettbewerb zwischen den Bildagenturen und ist insb. bei Universal-Bildagenturen problematisch. Abgrenzungsschwierigkeiten sind nicht zu vermeiden und führen zu geschäftsschädigenden Rechtsunsicherheiten.

Die bürokratischen Hürden und der administrative Aufwand für Fotografen und Bildagenturen durch die Eigentumsrechtsprechung und deren Umsetzung durch die Eigentümer macht die Vermarktung vieler Aufnahmen gänzlich unwirtschaftlich zum Schaden der Allgemeinheit mit Blick auf Informationsvielfalt und demokratische, kulturelle Teilhabe. Wenn man im entschiedenen Fall sieht, dass über zweihundert Fotos über mehrere Jahre einen Umsatz von ca. 800 Euro für Agentur und Fotografen zusammen erzielt haben, wird deutlich, dass der zu betreibende bürokratische Aufwand zur Einholung von Genehmigungen und der administrative Aufwand zur Dokumentation und fristgerechten Löschung der Fotos deren Vermarktung gänzlich unattraktiv macht.

Fotografen leben nicht nur von der erstmaligen Vermarktung ihrer Aufnahmen, sondern auch von den Zweitvermarktungsmöglichkeiten und der Archivnutzung, professionalisiert durch die Vermarktung über Bildagenturen. Diese Möglichkeit wird ihnen durch die Eigentumsrechtsprechung zur Fotovermarktung genommen und entwertet.

4. SPSG

Die SPSG, die in zahlreichen BGH-Entscheidungen diese Eigentumsrechtsprechung erstritten hatte, u.a. um mit den Fotorechten Geld zur Finanzierung ihrer Stiftung zu verdienen, hat erfahren, dass der Personal- und Kostenaufwand für Kontrollen und Genehmigungen in keiner vernünftigen Relation zu den Einnahmen steht, zu Imageschäden und geringerer visueller Wahrnehmbarkeit in der Öffentlichkeit und damit entgangener Werbewert durch visuelle Kommunikation führte. Hinzu kam die Realität der zahllosen Social Media Postings von Handyfotos, des nicht mehr darstellbaren Kontrollaufwands und der Abgrenzungsfragen, ob und wann ein Social Media Posting privat oder z.B. bei einem Influencer gewerblich ist. Die SPSG hat daher bereits 2021 auch nach Gesprächen mit dem BVPA eine deutliche Kehrtwende vorgenommen und ihre Fotorichtlinie erheblich liberalisiert. Es wäre wünschenswert, wenn mehr Institutionen diesem Beispiel folgen würden.

 

III. Weiteres Vorgehen

Der BVPA-Vorstand weiß, dass seine Mitglieder besonderes Interesse an dem Fall haben. Denn viele Mitgliedsagenturen vertreiben Bildmaterial zum Kölner Dom in ihren Portfolios und dürften nach der Entscheidung des OLG verunsichert sein. Der Vorstand nimmt diese Verunsicherung sehr ernst und prüft aktuell intensiv die nächsten Schritte, u.a. auch zu Presseaktivitäten zum Vorgehen des Doms. In jedem Fall knüpft der BVPA erneut den Gesprächsfaden mit der Dom-Verwaltung, um die nähere Ausgestaltung und Zweifelsfragen zu klären. Mitgliedsagenturen, die zu dem Thema in Austausch mit dem BVPA-Vorstand treten wollen, sind ausdrücklich aufgerufen, sich zu melden.

Rechtsanwalt David Seiler, 12.06.2025

 

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